Montierungen: Die EQ5
Auf den ersten Blick fällt der erstaunlich günstige Preis von unter 400 Euro auf. Man möchte meinen, daß man sich mit dieser Montierung ein wackeliges Billigprodukt anschafft. Doch weit gefehlt! Wie weiter unten noch genauer dokumentiert, ist der Schneckenfehler von 33,6´´ Spitze-Spitze so gering, daß sogar ungeguidete Deepsky-Aufnahmen mit 420mm Brennweite (2,8´´/Pixel bei f/6) und 30s Belichtungszeit pro Einzelaufnahme in mehreren Tests zu einer Verwendungsrate von um die 90% führten. Ein überraschend guter Wert.
• Typ und Belastbarkeit
Die EQ5 ist eine sogenannte Deutsche Montierung, was bedeutet, daß sich bei ihr alles um die möglichst genau auszurichtende Polachse dreht. Mittelgroße Optiken, etwa kurzbrennweitige Newtons, RCs oder Maks bis 20 cm Öffnung oder langbrennweitige Refraktoren bis ca. 130 mm Öffnung trägt diese Montierung ohne Probleme. Hinzu kommt das Gewicht des mitgelieferten Gegengewichts von 5,2 kg, wodurch die Gesamtbelastbarkeit sogar auf 15 kg ansteigt. Die im Bild rechts gezeigte Konfiguration mit dem kleinen Refraktor INED 70, Flattener und Kamera (insgesamt 2,8 kg) unterfordert diese Montierung hoffnungslos, dadurch ist die Stabilität in diesem Fall natürlich absolut perfekt.
• Gutes Stativ verwenden!
Die EQ5 gibt es mit oder ohne Stativ. Als Glücksgriff hat sich die Verwendung eines extrem stabilen Stativs von Berlebach erwiesen, die ideal zu dieser Montierung paßt und mit bis zu 60 kg beladen werden kann. Diese deutliche Überdimensionierung und die durchdachte Konstruktion wird mit einer beispiellosen Stabilität belohnt. Das Stativ ist aus Eschenholz gefertigt, dieses Material hat die besten Eigenschaften bezüglich Belastbarkeit und Schwingungsdämpfung. Die Spitzen an den Stativbeinen lassen sich problemlos in die Erde stecken. Das Nivellieren wird durch die eingebaute Libelle zur leichten Routineübung. Die Höhe von rund 85 cm ist für eine sitzende Beobachtungsposition ideal. Wie unglaublich wichtig ein gutes »Fundament« für eine Montierung ist, begreift man in der rauhen Praxis auf dem Acker recht schnell.
Tip: Nach Möglichkeit, statt des mitgelieferten Gegengewichts ein leichteres hernehmen (1.866 g, so wie in der Abbildung oben), und dieses weiter außen an der Gegengewichtsstange befestigen. Dabei nicht präzise ausbalancieren, sondern statt dessen ein leichtes Übergewicht auf der linken Seite zulassen. Erstere Maßnahme hat den Vorteil, daß sich die Polachse frei bewegen läßt - ein Umschwenken ist dann überflüssig. Das leichte Übergewicht auf der linken Seite führt dazu, daß die Schnecke beim Nachführen stets an einer Flanke des Zahnkranzes ´angreift´ und ein Spiel damit vermieden wird.
• Nachführung und Polachsenjustierung
Als Nachführung empfiehlt sich ein Satz mit 2 Motoren, diese Variante ist nur geringfügig teurer als die Variante mit einem Motor. Die mitglelieferte manuelle Kupplung zwischen Motor und Ra- bzw. Dec-Achse gestaltet den schnellen Wechsel zwischen manuellem Feineinstellen und automatischer Nachführung äußerst angenehm.
Für eine präzise Nachführung ist eine äußerst sorgfältige Justierung der Polachse eine »Überlebensfrage«. Falls der Blick auf den Himmelspol nicht verstellt ist, ist der eingebaute Polsucher (Abbildung rechts) eine unglaublich praktische Hilfe. An diesem recht preiswerten Zubehör sollte daher auf gar keinen Fall gespart werden. Bitte beachten, daß der Polsucher ebenfalls sorgfältig justiert werden muß, damit er sich exakt parallel zur Polachse befindet. Diese Justierung ist sehr einfach durchzuführen und schnell erledigt, eine entsprechende Anleitung dazu ist mit dabei.
Falls der Himmelspol nicht sichtbar sein sollte, muß die Montierung erst mal gründlich eingescheinert werden, leider ist diese Methode bei weitem aufwendiger.
• Der Schneckenfehler
Der gemessene Schneckenfehler ist für eine Montierung dieser Preisklasse erfreulich gering, es wurden 33,6´´ Spitze-Spitze mit einer durchschnittlichen Periodendauer von 2,5 Minuten (=2:31 min oder 151s) gemessen. Für 420 mm Brennweite begrenzt das nicht geguidete Belichtungszeiten auf ca. 30s bei einer Verwendungsrate von ca. 90%. Der periodische Verlauf des Schneckenfehlers erinnert an eine Sinuskurve und zeigt keinerlei sprungartige Ausschläge, so daß eigentlich jeder Autoguider damit ohne Probleme klarkommen sollte.
Die Abbildung zeigt einen Test mit 178*30s Belichtungszeit und bewußt verstellter Azimutausrichtung der Polachse. Eingesetzt wurde das oben gezeigte Setup mit 420mm Brennweite und einem Abbildungsmaßstab von 2,8´´/Pixel. Ein solcher Wert kann sich also durchaus sehen lassen. Dank dem G8-Stern VIR 20 (6,3 mag), der für diese Messung einen recht kleinen Teil seiner Photonen spendiert hat.
Das Vorschaubild zeigt einen Ausschnitt in der Mitte der Messung, ein Klick darauf öffnet die komplette Messung in Originalgröße.
1. Ableitung
Die Messung der Bewegungsänderungen bestätigt den guten Gesamteindruck, denn die erste Ableitung verläuft ebenfalls fast sinusförmig und zeigt keinerlei spontane »Ausbrüche« in irgend eine Richtung, das ist beinahe perfekt zum Autoguiden bzw. PEC.
Der Klick auf das Vorschaubild zeigt die Messung in Originalgröße.
• Beispielkonfiguration:
Die EQ5 ist im guten Fachhandel einzeln oder mit Feldstativ erhältlich. Die passende motorisierte Nachführung ist dort ebenfalls erhältlich.
Polsucher [Teleskop-Service]
Stativ Berlebach UNI8 [Teleskop-Service]
Nachführmotor / Schrittmotor für EQ5 [Teleskop-Service]
Newton 150/600 (f/4 für DeepSky) [Teleskop-Service]
• Fazit
Die EQ5 ist als 4 kg leichte, portable und trotzdem erstaunlich robuste Montierung ihren Anschaffungspreis absolut wert. Bei geringer Last unterhalb von 8 kg und guter Einstellarbeit kommt man mit ihrer Hilfe durchaus in den Genuß von guten Astroaufnahmen von helleren DSO, etwa Teile der Milchstraße oder die meisten Messier-Objekte. Bei kürzeren Brennweiten, bis max. 150mm kommt man bezüglich Einzelbelichtungszeit ungeguidet durchaus in den Minutenbereich, damit sind sogar nahe Galaxien und diffuse Nebel erreichbar. Planetenaufnahmen, sowie Details auf Sonne und Mond sind wegen der kurzen Belichtungszeiten auch mit größeren Brennweiten problemlos fotografierbar. Ganz nebenbei - man kann Sonne, Mond und Sterne auch durch ein Okular betrachten...
• Aufnahmen:
2014-05-03 20:52 • Messier 51 minimalistisch
2014-05-04 21:54 • Messier 83 mit kleiner Optik
2014-05-23 23:24 • Messier 4 und Umgebung
2014-06-06 00:09 • Messier 8 mit kleiner Optik
2014-06-06 01:00 • M11 mit kleiner Optik
2014-07-03 22:45 • Messier 17 mit kleiner Optik
2014-07-03 23:22 • Messier 6 mit dem INED 70 auf einer EQ5
2014-07-03 23:39 • M7 mit dem INED 70 auf einer EQ5
2014-07-06 22:13 • Messier 16 mit kleiner Optik
2014-08-01 22:06 • Messier 101 [NGC 5457]
2014-09-17 20:05 • M 27 mit kleiner Optik
2014-10-18 21:48 • NGC 247
2014-10-18 22:30 • Silberdollar-Galaxie im Sternfeld
2014-10-19 17:50 • C2013 A1 (Siding Spring) bei Mars
2014-11-23 18:15 • Helixnebel mit mehr Brennweite
2014-11-23 21:55 • Die Plejaden mit mehr Brennweite
2014-11-24 00:21 • M42 mit Minimalausrüstung
2014-12-24 00:27 • Rosettennebel mit kleiner Ausrüstung
2015-01-10 19:16 • C/2014 Q2 Lovejoy
2015-01-12 20:35 • C/2014 Q2 Lovejoy tiefer belichtet
2015-02-10 21:54 • Möwennebel IC 2177
2015-02-11 20:33 • Nebelkomplex mit mehr Brennweite
2015-02-12 19:36 • Flammennebel, NGC 2023 und der Pferdekopf
2015-02-13 22:52 • Messier 44 mit mehr Brennweite
2015-02-19 18:31 • IC 443 - Quallennebel
2015-02-19 19:58 • Affenkopfnebel NGC 2174
2015-02-20 19:31 • Messier 35 mit mehr Brennweite
2015-02-20 22:07 • Messier 41 mit mehr Brennweite
2015-04-19 21:00 • Das LEO-Quartett
2015-04-21 22:17 • Virgohaufen Zentrum
2015-05-10 21:25 • NGC 4725
2015-05-10 21:25 • [136472] Makemake
2015-07-10 23:14 • Milchstraße tief belichtet
2015-07-15 21:40 • Milchstraße mit mod. DSLR
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