Teleskop zum Einstieg
Als Einsteiger in die Astrofotografie ist man nicht gut beraten, sich gleich ein Profi-Teleskop für mehrere Tausend Euro zuzulegen. Es ist genauso wenig sinnvoll, einem Führerschein-Neuling zu einem PS-starken Sportwagen zu raten, denn beides würde der Einsteiger ziemlich schnell gegen die Wand fahren!
Ein Beispiel: Die Abbildung rechts zeigt ein ungewöhnlich preiswertes, aber qualitativ gutes Einsteigerfernrohr mit 70mm Öffnung und 900mm Brennweite auf einer vernünftig dimensionierten, parallaktischen Montierung. Diese Montierung wird auch als ´Deutsche Montierung´ bezeichnet. Mit diesem Teleskop lassen sich schon recht brauchbare Aufnahmen vom Mond und den Planeten Venus bis Saturn anfertigen. Die Montierung läßt sich bequem in einer Achse nachführen. Auch das reine Beobachten macht damit schon sehr viel Freude.
Grundsätzlich gilt also: Erst mal klein anfangen und Erfahrungen sammeln. Die ersten am besten schon vor dem Kauf:
Besuche ein Spechteltreffen in Deiner Nähe und schau Dir Sterne, Mond und Planeten in verschiedenen Fernrohren an. Befrage ihre Besitzer nach deren Erfahrungen bezüglich Optik, Montierung und Handhabung. Auch die Wahl des geeigneten Okulars ist sehr vom persönlichen Geschmack abhängig. Stets an das ´Später´ denken (siehe Abschnitt ´Spätere Wiederverwendung´ ganz unten).
Ebenso wenig sinnvoll wäre aber auch die Anschaffung eines Billig-Teleskops auf einer wackeligen Gabelmontierung, wie sie immer wieder marktschreierisch und wenig fachkundig für wenige Euro feilgeboten werden: ´50mm Öffnung, 500-fache Vergrößerung...´. Dazu nur eine kurze Anmerkung:
gar nicht in der Lage, 500-fach zu vergrößern!!!
Ein vernünftiges Einsteigerteleskop mit guter Optik auf einer guten parallaktischen Montierung wäre genau das richtige für den ernsthaften Einsteiger. Wichtiger Merksatz dazu:
Lieber optisch eine Nummer kleiner und dafür eine stabile, parallaktische ´Deutsche´ Montierung als umgekehrt! Gabelmontierungen sind zwar billiger - aber das auch im doppelten Sinne des Wortes. Die Handhabung einer solchen Billig-Montierung wird man schon nach kurzer Zeit sowohl beim Beobachten als auch beim Fotografieren als äußerst unangenehm empfinden. Siehe dazu auch der Beitrag "Montierung". Darauf achten, daß diese Montierung mit einem Nachführmotor nachrüstbar ist, was bei den drei genannten Beispielen auch der Fall ist. Bei sorgfältiger Justierung der Polachse genügt eine einachsige Nachführung völlig.
Da sich die Astrofotografie für den Einsteiger auf Sonne, Mond, Planeten und einige helle DSO beschränkt, kommt man noch mit relativ wenig Öffnung hin. So 70-100mm Öffnung bei 900-1200mm Brennweite reichen in der Regel. In diesem Bereich haben die Teleskope vom Typ ´Refraktor´ bezüglich Qualität und Preis die Nase vorn. Die maximale sinnvolle Vergrößerung liegt bei dieser Geräteklasse etwa zwischen 140 (70mm) und 200 (100mm), was für die Planetenbeobachtung völlig ausreicht. Die Abbildungen zeigen ein recht ordentliches Einsteigerfernrohr mit 80mm Öffnung und 900mm Brennweite auf der ausreichend stabilen Montierung EQ3.
Ein Beispiel: Jupiter im 60mm-Refraktor, Webcamaufnahme
Mit einer guten Barlowlinse, einer preisgünstigen Webcam und einer geschickten Bildbearbeitung kann man unseren Gasriesen mit diesen einfachen Mitteln durchaus so darstellen, wie links abgebildet. Verwendet wurde ein uralter 60 / 750 Refraktor, dessen Brennweite mittels Barlowlinse auf 1.900mm verlängert wurde. Die Kamera war eine billige Webcam von Philips, die ToUcam 840. Näheres zu dieser Aufnahme auf der Seite Jupiteraufnahmen 2010, vorletzte Aufnahme.
Man kann sich also leicht vorstellen, daß mit 80 oder 90 mm Öffnung am Jupiter noch einiges mehr geht.
Wie ist das mit der Brennweite?
Vorsicht bei Angeboten, in denen kurzbrennweitige ´Achromaten´ oder ´Fraunhofer´ als besonders lichtstarke Teleskope angepriesen werden! Ein Achromat hat praktisch immer ein zweilinsiges Objektiv welches gar nicht in der Lage ist, die Farben bei kurzen Brennweiten zu korrigieren! Bei der Fotografie fallen dort besonders im blauen Farbkanal extreme Unschärfen auf. Vernünftigerweise hat ein solcher ´Zweilinser´ ein Öffnungsverhältnis von f/15. f/10 ist schon sehr grenzwertig - beim Kauf sollte also zu Gunsten einer scharfen Abbildung darauf geachtet werden, daß die Brennweite mindestens für ein Öffnungsverhältnis von f/12 - besser f/15 ausreicht. Leider werden diese langbrennweitigen Achromaten - perfekte Planetenfernrohre - im Handel immer seltener angeboten.
Es gibt zwar auch preisgünstige ´Newtons´ in dieser Preisklasse, doch diese haben für die Planetenbeobachtung eine meist zu geringe Brennweite, sind umständlicher zu handhaben, haben wegen der Fangspiegel - Obstruktion eine geringere optische Leistung bei gleicher Öffnung, und sie müssen von Zeit zu Zeit kollimiert werden, was dem Einstieg sicherlich nicht so förderlich ist. Ein guter Refraktor zeigt erfahrungsgemäß eine deutlich schärfere Sternabbildung und deutlich mehr Kontrast bei der Planetenbeobachtung und -fotografie. Und er ist bei besserer optischer Leistung sogar noch leichter. Damit will ich aber keineswegs die Existenzberechtigung eines Newtons in Frage stellen, denn zu diesem Teleskoptyp ist ab einer Öffnung von 150mm und aufwärts durchaus zu raten, sofern in diesem ein guter Parabolspiegel verbaut ist. Aber das ist dann schon eine ganz andere Preisklasse....
Auch die ´Dobsons´ werden oft als ´das einzig Wahre´ angepriesen. Gut. Montierungen nach Dobson sind stabil, preiswert und können große Optiken problemlos tragen. Gut zum Spechteln, sehr schlecht zum Fotografieren, denn sie müssen in zwei Achsen manuell nachgeführt werden.
Fazit:
Ein geeignetes Einsteigerteleskop wäre also ein 70/900 - 100/1200 Refraktor auf einer guten, parallaktischen ´Deutschen´ Montierung. Solche Geräte sind heute für etwa 100-250 Euro zu haben.
Unbedingt darauf achten, daß das Einsteckmaß für die Okulare 1,25 Zoll beträgt!!! Denn dieses Einsteckmaß ist heute gebräuchlich, so daß eine riesige Auswahl an preisgünstigen Okularen, sowie okularseitiges Zubehör wie Filter, Barlowlinsen etc. zur Verfügung steht.
Ein besonders schönes Beispiel für ein hochwertiges Einsteigerfernrohr ist das rechts abgebildete Teleskop mit 90mm Öffnung und 900mm Brennweite. Es ist bereits derart leistungsstark, daß es neben den Gestirnen in unserem Sonnensystem zahlreiche helle DSO recht ordentlich abbilden kann.
Einige Beispiele:
Die folgende Aufstellung zeigt eine kleine aber feine Auswahl an empfehlenswerten Teleskopen für den Einstieg in die Astronomie. Die größeren Instrumente sind bereits für den Einstieg in die DeepSky-Fotografie sehr gut geeignet.Spätere Wiederverwendung:
Nach einigen Jahren Erfahrung kann ein solcher Refraktor wegen seines geringen Gewichts als Leitrohr leicht auf eine größere Optik mit einer entsprechend stabileren Montierung befestigt werden. Ein Leitrohr ist für die präzise Nachführung bei Astroaufnahmen, die eine lange Belichtungszeit erfordern, fast unverzichtbar. Die relativ lange Brennweite und die scharfe Sternabbildung eines Refraktors wirkt sich sehr positiv auf die Nachführgenauigkeit aus. Mit einem sogenannten 'Reducer' läßt sich die Brennweite des Refraktors verringern, so daß man mit diesem ´Leitrohr´ auch durchaus weitwinklige DS-Aufnahmen anfertigen kann.Erfahrungsgemäß wird ein optisch guter, langbrennweitiger FH-Refraktor niemals in der ´Kruschkiste´ enden. Er wird eine größere Optik stets sinnvoll ergänzen.
Das Teleskop auf Urlaubsreise:
Und die leichte, parallaktische Montierung kann zusammen mit dem Refraktor auch problemlos auf Urlaubsreisen mitgenommen werden. Nebenbei kann eine solche Montierung auch eine Kamera mit Teleobjektiv nachführen, damit lassen sich dann hervorragende Aufnahmen unserer Milchstraße mit ihren vielen Gasnebeln darin, anfertigen. Denn alle Montierungen in den genannten Beispielen lassen sich mit einem Nachführmotor nachrüsten. Mit ausreichender Nachführgenauigkeit bis ca. 200mm Brennweite.
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