Filtern - Entfalten (Deconvolution)
Die Entfaltung ist im Prinzip eine Verallgemeinerung der Schärfung nach Gauß, wie wir im folgenden sehen werden. Um zu verstehen, was da so vor sich geht, nehmen wir einfach mal ein Sternchen, von dem wir eigentlich nur einen Punkt sehen wollen. Durch verschiedene Einflüsse, etwa das Seeing, Nachführfehler, Kollimations- oder Komafehler wird dieser "Punkt" zu einem unscharfen, etwas länglichen Gebilde "verwischt". Durch die "Mathematik-Brille" betrachtet, könnte man statt "verwischt" auch sagen, dieser Punkt wurde mit einer wie auch immer gearteten Funktion - diese nenne ich jetzt lieber gleich "Matrix" - gefaltet. Diese Faltungsmatrix wird auch als PSF (=Point Spread Function, zu Deutsch etwa "Punkt-Verwisch-Funktion") bezeichnet.
An dieser Stelle wird langsam klar, auf was das Ganze hinausläuft: Wir brauchen etwas - eine geeignete PSF natürlich, um diese Art der Bildverfremdung wieder "rückgängig" zu machen, zu "ent-falten". Und genau sowas tut die Entfaltung auch! Leider gibt es gleich drei Haken an der sonst so genialen Idee:
- Wäre eine solche - für diesen einen Punkt natürlich optimale - PSF nicht ganz ideal für den Rest des gesamten Bildes.
- Wird das Rauschen bei dieser Gelegenheit gleich mal "mitentfaltet" und damit deutlich verstärkt, wobei feine Details darin einfach untergehen. Ein Grund dafür, daß in FitsWork die Entfaltung stets mit einem Rauschfilter kombiniert wird.
- Wird die ideale PSF bei Farbbildern von Farbkanal zu Farbkanal stets unterschiedlich sein. Daher kann die Entfaltung ihre Wirkung am besten bei reinen Schwarz-Weiß-Bildern "entfalten".
Die Entfaltung liefert oft erstaunlich gute Resultate, doch der Grad der Verbesserung hängt stark von der Qualität der PSF und in besonderem Maße auch vom "Rauschpegel" der Aufnahme ab. Ist dieser zu groß, dann gehen feine Details darin unter und können auch mit diesem leistungsstarken Filter nicht wieder "hergezaubert" werden.
Menüpunkt: Bearbeiten - Schärfen - Entfaltung (Deconvolution)
Die Entfaltung ist in FitsWork - wie sollte es auch anders sein - sehr clever aufgebaut. Einerseits läßt sich eine solche, möglichst gut angepaßte PSF intern generieren, andererseits kann man eine solche PSF auch als externes Bild hinzuladen und auf das Bild anwenden. Je nachdem, was zu einem besseren Resultat führt. Der oben gezeigte Dialog ist "mausaktiv", eine Reise mit der Maus über die Bedienelemente zeigt deren Sinn und Zweck.
Mit dieser Auswahlliste läßt sich alternativ zur intern berechneten PSF eine solche Matrix als externes Bild hinzuladen. Dieses muß sich in einem der "Innenfenster" von FitsWork befinden.
Mit einem Klick auf die dann aktivierte Schaltfläche wird das extern hinzugeladene Abbild der PSF in das Vorschaufenster kopiert.
Das Restrauschen in der Aufnahme wird intern geschätzt und auf einen "Wert 1" gesetzt. Mit diesem Schieberegler läßt sich das Rauschen regeln, wobei höhere Werte das Rauschen verringern (geringere Filterwirkung) und niedrigere das Rauschen verstärken (stärkere Filterwirkung).
In diesem kleinen Fenster kann die externe oder intern berechnete PSF betrachtet werden.
Die PSF ist meist arg klein. Mit einem Klick auf dieses Symbol läßt sich diese einfach / zweifach / vierfach vergrößern, wobei nach jedem weiteren Klick darauf zwischen diesen Vergrößerungsstufen umgeschaltet wird.
Wenn dieses Symbol aktiviert ist, dann läßt sich mit der Maus auch eine "PSF-Eigenkreation" zeichnen. Allerdings nur punktförmig in reinem Weiß.
Eine zu "hart" geratene PSF kann bei Aktivierung dieses Symbols geglättet werden. Dazu einfach mit der Maus über die PSF "wischen".
Mit dieser Option wird der Wert des Pixels der PSF verringert. Um zu verhindern, daß dieser Wert negativ wird, läßt sich mit einem Rechtsklick darauf sozusagen auf 0 "klemmen".
Die PSF läßt sich mit diesem Symbol "ausschneiden", wobei hierunter ein Kopieren in ein getrenntes Bildfenster zu verstehen ist.
Dieser Schieberegler läßt eine stufenlose Berechnung zwischen linearer und quadratischer Gewichtung der Veränderungen im Bild zu. Die Wirkung ist übrigens sofort im Bild sichtbar ohne daß man die Schaltfläche "Berechnen" dazu bemühen muß.
Um die Wirkung der PSF-Einstellungen zu überprüfen, muß man auf diese Schaltfläche klicken.
Für die interne Berechnung der PSF stehen mehrere Grundfunktionen zur Verfügung. Zwischen diesen Grundfunktionen wird nicht einfach "hart" umsgeschaltet, sondern mit Hilfe dieses Schiebereglers "weich umgeblendet". Meist wird man den Gauß verwenden. Überbelichtete Sterne beispielsweise können aber oft so ein Mittelding zwischen Gauß und Kreis besser "vertragen".
Mit dem Schieberegler kann der Wirkradius der PSF an das Bild grob angepaßt werden. Wenn genauere Werte erforderlich sind, empfiehlt sich eine Zahlenangabe mit max. zwei Nachkommastellen.
Sehr nützlich ist diese Option: Manchmal werden die Sternchen nicht einfach nur gaußförmig "aufgeblasen", sondern durch die weiter oben genannten Fehler in eine bestimmte Richtung verzerrt. In solchen Fällen läßt sich eine solche Asymmetrie durch größere (senkrecht) oder kleinere (waagerecht) Werte ausgleichen. Wenn schon Fußbälle, dann doch wenigstens runde ;=}
Mit diesem Umschalter kann zwischen der internen Berechnung und einer extern hinzugeladenen PSF umgeschaltet werden.
Für die interne Berechnung einer zweiten PSF stehen mehrere Grundfunktionen zur Verfügung. Zwischen diesen Grundfunktionen wird nicht einfach "hart" umsgeschaltet, sondern mit Hilfe dieses Schiebereglers "weich umgeblendet". Meist wird man den Gauß verwenden. Überbelichtete Sterne beispielsweise können aber oft so ein Mittelding zwischen Gauß und Kreis besser "vertragen".
Aus der Möglichkeit, gleich zwei getrennte PSF´s zu berechnen und die Kombination daraus als neue PSF auf das Bild "loszulassen", eröffnet ungeahnte Kombinationsmöglichkeiten. Man kann die zweite PSF zur ersten addieren (+), subtrahieren (-) oder multiplizieren (*). Die Wirkung ist in dem kleinen Vorschaufenster sofort zu sehen.
Der Wirkradius der zweiten PSF kann mit diesem Schieberegler grob eingestellt werden oder alternativ auch als genauer Zahlenwert.
Mit diesem Schieberegler wird eingestellt, wie groß die Wirkung der zweiten PSF beim Kombinieren mit der ersten ist, wobei "0" gleichbedeutend damit ist, daß die zweite PSF nicht berücksichtigt wird. In diesem Falle werden alle nicht-relevanten Einstellobjekte deaktiviert.
Mit dieser Schaltfläche wird die Entfaltung, die unbedingt vorher berechnet werden muß, übernommen.
Die gerade vorgenommene Entfaltung wird verworfen und das Vorschaufenster entfernt.
Ein Praxisbeispiel:
Lalande 21185 -Farbaufnahme-
Im Bild links ist das unbearbeite Summenbild
eines unserer nächsten stellaren Nachbarn zu sehen. Beachte die Unschärfe und die unsymmetrische
Form des roten Zwergsterns. Hier hat das Seeing ganze Arbeit geleistet!
Lalande 21185 -Grünkanal-
Nun zerlegen wir das Bild in die drei Farbkanäle
und nehmen den Grünkanal her, der natürlich diese Fehler ebenfalls besitzt.
Ein 64 × 64 - Pixel - Ausschnitt aus diesem Schwarz-Weiß-Bild wird kopiert und das
Hintergrundrauschen daraus entfernt. Der Hintergrundwert wird auf 0 gesetzt. Fertig ist
die ideale PSF für ein späteres Entfalten...
Lalande 21185 -Grünkanal, entfaltet-
Die so gewonnene PSF wird als externes
"Bild" zur Entfaltung herangezogen. Nun ist das Sternchen knackscharf, und vor allem sind die
Verzerrungen beseitigt.
Lalande 21185 -entfaltet, G-RGB-
Der Rest ist trivial: Aus dem entfalteten
Grünkanal wird zusammen mit der unbehandelten Farbaufnahme ein G-RGB angefertigt. Ergebnis ist ein
scharfes, unverzerrtes rotes Zwergerl...
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