Der Autoguider
Während eine "normale" Nachführung mit ihrem typischen Schneckenfehler bei kurz belichteten Aufnahmen durchaus noch völlig ausreichend ist, wird sie eine länger belichtete Aufnahme ab ca. 10s Belichtungszeit hoffnungslos "verwackeln". Belichtet man beispielsweise einen schwachen Stern 5 Minuten lang, dann darf sich dieser Stern diese 5 Minuten nicht von der Stelle rühren. Je nach Brennweite wird eine Abweichung von +/- 2" bereits zu deutlichen Unschärfen und Verzerrungen führen.
•Nachführmethoden:
Manuelles Giuden:
Die Methoden, Fehler in der motorisierten Nachführung zu korrigieren sind vielfältig. Eine gängige Variante ist das manuelle Giuden. Hierbei wird während der Belichtungszeit ein Leitstern in einem Fadenkreuzokular beobachtet. Weicht dieser von der einmal eingestellen Sollposition ab, so wird dieser mittels spezieller Korrekturtasten der Nachführung so rasch wie möglich "nachgeschubst". Man kann sich leicht vorstellen, daß diese Methode einiges an Können erfordert und ganz schön anstrengend werden kann, besonders in kalten Nächten. An die Genauigkeit darf man keine allzu hohen Erwartungen stellen, sie hängt von der Qualität des Leitsterns, von der Brennweite des Fadenkreuzokulars, sowie vom Können und Reaktionsschnelligkeit des Astrofotografen ab. Und ganz nebenbei - in einer kalten Winternacht sind die Finger nach spätestens 10 Minuten hoffungslos steifgefroren und eignen sich nur noch sehr bedingt zur reaktionsschnellen Bedienung der Korrekturtasten.
Automatisches Giuden:
Moderne Montierungen lassen einen elektrischen bzw. elektronischen Eingriff in die Steuerung der Nachführmotoren zu. Was liegt also näher, das mühsame und fehlerträchtige manuelle Guiden zu automatisieren? Aber ganz so einfach ist das nicht, denn was wir brauchen, ist ein kompletter Regelkreis! Dieser beginnt mit der Sekundärkamera, (das kann auch eine preiswerte Webcam sein) die die "Ist-Position" des Leitsterns aufnimmt. Ob diese nun durch einen OAG "schaut" oder durch ein Leitrohr, ist bei der Betrachtung des Regelkreises nebensächlich. Ein Computerprogramm, dem die Sollposition des Leitsterns mitgeteilt werden muß, berechnet nun die (meist "subpixelgenaue") Abweichung und berechnet daraus einen Korrekturimpuls, den es zur Teleskopsteuerung schickt. Dies geschieht mindestens 1 × pro Sekunde, so daß sich der Leitstern im Idealfall fast nicht von seiner einmal eingestellten Position fortbewegt.
• Autoguider und PEC:
Oft höre ich die Frage, ob man beim Autoguiden PEC ein- oder ausschalten soll. Nun - während das Autoguiden einen geschlossenen Regelkreis darstellt, der nach Möglichkeit nicht gestört werden sollte (am besten auch nicht durch einen Schneckenfehler...), ist PEC eine reine Steuerung, die dem Autoguider einen weit geringeren Schneckenfehler "vorgaukelt". Es ist also stets von Vorteil, wenn man einen gut trainierten PEC beim Autoguiden einschaltet. Mehr noch - man kann PEC sogar mit dem Autoguider trainieren (bei der LX200-Montierung von Meade die Einstellung "Update" benutzen). Besonders lohnend, wenn man mit viel Brennweite einen sehr guten Leitstern hat.
•Teleskopseitiger Aufbau mit OAG:
Für das (Auto-)Guiden muß der teleskopseitige Aufbau erst einmal vorbereitet werden. Eine mögliche Konfiguration stellt der folgende Aufbau dar:
Teleskopseitiger Aufbau (1.040mm):
Eigentlich fast selbsterklärend, wenn man mit der Maus über die Abbildung links fährt. Die gesamte Anordnung sorgt zusammen mit den Reducern für eine Brennweitenverkürzung auf ca. 40% der Nennbrennweite des Teleskops. Links "teleskopseitig" sehen wir Celestron's Radial Guider. Darin wird kameraseitig ein Adapter mit einem T2-Innengewinde und einem SC-Außengewinde eingeschraubt welches dann den Reducer aufnimmt. Es folgt eine kurze Distanzhülse mit SC-Innengewinde links und ein T2-Außengewinde rechts, auf das das Filterrad geschraubt wird. Rechts vom Filterrad wird die Primärkamera über die Baader-Kupplung angebracht. Diese Kupplung ist sehr praktisch, wenn es darum geht, die Kamera genau einzunorden.
Wichtiges Detail: Der zweite Reducer vor der Webcam, der dafür sorgt, daß man mit dieser überhaupt in den Fokus kommt.
Mit dieser Anordnung läßt sich ein ringförmiger Bereich in einem Abstand von ca. 15' - 27' von der Bildmitte der Primärkamera zur Leitsternsuche nutzen. Das entspricht einer Fläche von 1.583,4 Quadratbogenminuten. Innerhalb dieser Fläche läßt sich in etwas über 50% aller Fälle auch ein geeigneter Leitstern finden. Zum Vergleich: Der Vollmond bringt es durchschnittlich auf ca. 804,25 Quadratbogenminuten. Soll als Sekundärkamera eine Webcam eingesetzt werden, dann empfiehlt es sich dringend, diese vorher mit einem weit empfindlicheren Schwarz/Weiß-Chip umzurüsten. Das bringt nicht nur eine rund 3-fache Empfindlichkeit, sondern auch deutlich mehr Schärfe, was die Genauigkeit stark erhöht. Eine solche Umrüstung ist mit ein wenig handwerklichem Geschick leicht durchzuführen. Mehr dazu im Beitrag "ToUcam optimieren"
Wenn etwas mehr Brennweite benötigt wird, empfiehlt sich die folgende Anordnung. Dabei wird webcamseitig der gleiche Reducer verwendet, der aber nun um einiges näher am Kamerachip angeordnet ist. Die "Feinkorrektur" übernimmt dabei der UV/IR-Sperrfilter kameraseitig und eine Abstandshülse OAG-seitig. Vor der Primärkamera ist ein 0,5-Reduder in eine Abstandshüle eingebaut.
Teleskopseitiger Aufbau (1.612mm):
Die gesamte Anordnung sorgt zusammen mit den Reducern für eine Brennweitenverkürzung auf ca. 60% der Nennbrennweite des Teleskops. Links "teleskopseitig" sehen wir wieder Celestron's Radial Guider. Darin wird kameraseitg eine Verlängerungshülse mit einem T2-Innengewinde und einem T2-Außengewinde eingeschraubt, auf das das Filterrad geschraubt wird. Rechts vom Filterrad folgt wieder die Baader-Kupplung und dann eine weitere Verlängerungshülse in die teleskopseitig, von außen freilich nicht sichtbar, der Reducer eingeschraubt ist. Alle Teile sind sorgfältig aufeinander abgestimmt, so daß beide Kameras problemlos in den Fokus kommen.
Folgende Abbildung zeigt nochmal beide Kameras im ausgebauten Zustand, aber noch mit eingeschraubten Reducern:
Oben die Webcam - dort wird der Sperrfilter direkt auf die 1¼"-Steckhülse geschraubt, es folgt der Reducer, auf den dann noch eine 25mm lange Abstandshülse aufgeschraubt wird.
Der Blick auf die Primärkamera unten zeigt sofort das in die Abstandshülse eingeschraubte T2 / 1¼" Reduzierstück, welches den Reducer aufnimmt. Außen ist die Baader-Kupplung gut zu erkennen, über die die Kamera mit dem Filterrad verbunden wird.
•Software:
Zum Autoguiden stehen im Netz mehrere Freeware-Programme zur Verfügung. Unter anderem die von mir getesteten Programme Matthias Garzarolli's Guidemaster, "Push here, dummy"- PHD-Guide und der Guidedog. Alle drei Programme eignen sich zum Autoguiden mit einer preisgünstigen Webcam und Dank der ausgereiften ASCOM-Treiber auch an den meisten Teleskopmontierungen, zeigen jedoch etwas unterschiedliche Eigenheiten, wie im folgenden diskutiert:Guidemaster:
Das sicherlich gute und besonders vielseitige Programm überlastete meinen etwas in die Jahre gekommenen Laptop (PIII / 333 MHz) hoffnungslos. Guidemaster benötigt weitaus mehr Systemresourcen, die nur ein modernes Gerät zur Verfügung stellen kann. Der Haken hierbei: Moderne Laptops verfügen in der Regel nicht mehr über eine serielle RS232-Schnittstelle, über die die meisten Teleskopsteuerungen mit dem Laptop verbunden werden können. Auf das Vorhandensein einer solchen Schnittstelle ist ganz besonders zu achten, falls die Neuanschaffung eines Laptops beabsichtigt ist.
PHD:
Das pfiffige Programm kalibriert sich selbst und ist daher erstaunlich einfach zu bedienen. Die von der Webcam gelieferten Bilder werden erst einmal gestackt, und das Summenbild wird dann zur Berechnung der Korrekturimpulse herangezogen. Ein gewaltiger Pluspunkt für dieses Programm! Leider habe ich mit schwächeren Leitsternen die leidige Erfahrung gemacht, daß PHD einfach aussteigt und seinen Dienst mit der Meldung "S/N too low" (=zu geringes Signal-Rauschverhältnis) quittiert. Der Leitstern hüpft dann völlig orientierungslos über den Bildschirm, und die Qualität der Aufnahme ist dann entsprechend.
Guidedog:
Der "Blindenhund" ist recht einfach gestrickt - kein Stacken der Webcambilder und auch keine Autokalibrierung. Dafür arbeitet er im harten Einsatz am Teleskop - einmal korrekt eingestellt - sehr zuverlässig, läßt meinen greisen Laptop leben und wird daher von mir persönlich auch am häufigsten eingesetzt.
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