Astrofotografie :: Kameraauswahl: Spiegelreflexkameras (DSLR)

 
Was bei der Auswahl von Spiegelreflexkameras bei der digitalen Astrofotografie zu beachten ist: Spiegelreflexkameras sind heute zu vertretbaren Preisen mit gewaltigen Auflösungen von 8 Megapixel und darüber verfügbar. Auch hier liegen die Pixelabstände so um 6 µm.

Kameraauswahl: Spiegelreflexkameras (DSLR)

Inhaltsverzeichnis:

  1. Eigenschaften
  2. Vorteile
  3. Nachteile
  4. Das Raw-Format
  5. Bemerkungen zu ISO und Sensitivität
  6. Wie belichten?
  7. Fazit
  8. Allgemeine technische Daten

Im gehobenen Preissegment ab ca. 500 € angesiedelt sind die Spiegelreflexkameras, auf neudeutsch auch als Digital Single Lens Reflex oder kurz DSLR bezeichnet, die mit gewaltigen Auflösungen von 8 Megapixel und darüber mit entsprechend großen Chipflächen extrem leistungsfähig sind. Auch hier liegen die Pixelabstände so um 6 μm. Gute Kameras haben ein Wechselobjektivsystem, wodurch sie sich hervorragend für die fokale Projektion eignen.

Eigenschaften:
Auch wenn es bei guten Kameras keinerlei Probleme geben sollte - trotzdem sollten ein paar Punkte vor dem Kauf abgeklärt werden:
  • Farbrauschen: Auch wenn man bei dieser Preisklasse einen einwandfreien Chip erwarten kann: Wie stark rauscht der Kamerachip? Dazu bei ca. 20°C Umgebungstemperatur probeweise eine dunkle, einfarbige Fläche unterbelichtet aufnehmen. In einem Bildbetrachter stark aufhellen. Sind viele auffällige Farbpunkte zu sehen, die dort nicht hingehören? Beachte, daß das Farbrauschen mit steigender Temperatur und Belichtungszeit stark zunimmt! Beides sollte im vergleichenden Test möglichst konstant gehalten werden.
  • Wechselobjektiv: Läßt sich das Objektiv leicht abnehmen und durch ein anderes ersetzen - zum Beispiel durch ein Teleskop?
  • Manuelle Belichtung: Läßt die Kamera eine manuelle Belichtungszeit beliebiger Länge zu? Extrem wichtig bei lichtschwachen Objekten!!!
  • Fernauslösung: Verfügt die Kamera über eine Fernauslösung oder über eine verzögerte Auslösung?
  • Auflösung: Hat die Kamera eine ausreichende Auflösung? So 8 Megapixel und aufwärts sollten es schon sein...
  • Stativgewinde: Ist ein genormtes Stativgewinde in der Unterseite der Kamera vorhanden? Das sollte hier wirklich Standard sein!!!
  • Kontrolle: Kann man während des Fokussierens das "Livebild" auf dem TFT-Bildschirm an der Rückseite der Kamera sehen und von diesem auch eine "Live-Ausschnittsvergrößerung" machen?
  • TFT-Display abschaltbar: Kann man das TFT-Display bei Langzeitbelichtung auch abschalten? Sonst sind die Akkus schnell leer!
Besondere Vorteile:
Mit ihren abnehmbaren Objektiven sind diese Kameras besonders gut für die lichtstarke und scharfe fokale Projektion geeignet. Mit ihrem feinen Pixelraster auf dem recht großen Chip lassen sich praktisch alle Himmelsobjekte problemlos ablichten. Durch die im Verhältnis zu den Webcams geringe Rauschneigung des Chips müssen nur wenige Bilder (<100) kombiniert werden, um hervorragende Ergebnisse zu erzielen. Gute Modelle verfügen über einen internen Dunkelbildabzug, welches Fehler wie FPN, Hotpixel und Verstärkerglühen stark reduzieren soll. In der Praxis kostet das aber wertvolle Zeit und verschlechtert das S/N, was besonders bei lang belichteten DeepSky-Aufnahmen besonders übel auffällt, so daß vom internen Dunkelbildabzug abgeraten werden muß. Ein Dunkelbild sollte, falls überhaupt erforderlich, als Summenbild aus möglichst vielen aufaddierten Einzelbildern erstellt werden.
Nachteile:
Einige Nachteile sollten an dieser Stelle aber auch nicht verschwiegen werden. Die Chips und auch die Ausleseelektronik der DSLR sind nicht auf höchste Empfindlichkeit optimiert. Praktische Versuche zeigen, daß die ToUcam etwa 2-mal so empfindlich ist wie eine handelsübliche DSLR, in denen normalerweise CMOS-Chips verbaut sind. Auch die Handhabung ist schwieriger, von der präzisen Fokussierung mal ganz zu schweigen. Die notwendigen langen Belichtungszeiten stellen hohe Anforderungen an Montierung und Nachführung und lassen in der Regel nur wenige Bilder zum Stacken zu. Grenzwertig sind auch die mit meist nur 8 Bit aufgelösten Helligkeitswerte.
Das Raw-Format:
Einige Kameras, insbesondere die in der Astrofotografie verbreitete EOS-Serie von Canon können den Nachteil der geringen Helligkeitsauflösung dadurch umgehen, daß sich mit ihnen die Aufnahmen zusätzlich im Raw-Format abspeichern lassen. Das Ergebnis ist ein Bild, das mit 4096 Helligkeitsstufen (12 Bit) aufgelöst ist. Das ist im Vergleich zum sonst üblichen JPG-Format eine um den Faktor 16 erhöhte Verfeinerung der Nuancen im Bild! Aber das ist noch nicht alles! Beim Stacken zeigt sich die wahre Stärke dieses Formats, wie wir im folgenden sehen werden:

Dunkelbild JPGDunkelbild im JPG-Format (600s @ ISO 100)

Machen wir mal ein Dunkelbild und schauen uns das Ergebnis genauer an. Das sonst übliche Rauschen der Kamera verschwindet unter die Nullinie, und damit kann man auch nach beliebig vielen addierten Bildern keine Einzelheiten mehr sichtbar machen. Ein solches Dunkelbild ist informationstechnisch tot!
Dunkelbild CR2Dunkelbild im Raw-Format (600s @ ISO 100)

Ganz anders wird das Ergebnis beim Raw-Format sein. Hier ist ein ´schönes´ Rauschen zu erkennen, das auch nicht abgeschnitten wird. Dieses Bild ist informationstechnisch höchst lebendig, denn schwache Einzelheiten, die in einer Einzelaufnahme noch völlig im Rauschen untergehen, können durch Addition von mehreren gleichartigen Aufnahmen durchaus sichtbar gemacht werden. Nach 16 Additionen hat man bereits eine Bitbreite von 16 Bit, wodurch bereits die Tiefe einer Einzelaufnahme mit der Astrokamera erreicht wird.
 
Bemerkungen zu ISO und Sensitivität:
Die äußerst werbewirksamen 10.000 ISO klingen nach einer extrem empfindlichen Kamera. Doch was steckt hinter diesem ´ISO´? Es ist ein Wert, der noch aus der Fotografie mit chemischem Film stammt und ein Maß für die Lichtempfindlichkeit des verwendeten Filmmaterials war. Aber was hat ein solcher Wert in der digitalen Fotografie zu suchen? Hier kann man ja nicht einfach den Chip beliebig austauschen. Um liebgewonnene Angewohnheiten nicht einfach zu vergessen, hat man den ISO einfach in die neue Welt ´importiert´. In der elektronischen Realität haben wir hier nichts weiter als einen einstellbaren Verstärker, der das Signal - leider auch das unerwünschte Rauschen - vom Kamerachip linear verstärkt. Da dies zu keiner Verbesserung des für die Astrofotografie so wichtigen Signal-Rauschverhältnis (S/N) führt, hat die Angabe eines bestimmten ISO-Werts keinerlei Aussagekraft.

Messungen mit der Canon EOS 1000D sorgten hier allerdings für eine Überraschung: Eine Erhöhung des ISO-Werts brachte eine gut meßbare Verbesserung des S/N! Offenbar liegt speziell bei dieser Kamera ein Teil der Rauschquellen zwischen Verstärker und ADC, wodurch deren Rauschen nicht mitverstärkt wird. Der Anstieg des S/N ist bis 800 ISO signifikant, von 800 ISO bis 1600 ISO jedoch kaum noch meßbar.

Oft will man auch die Quanteneffizienz wissen, doch auch diese hat kaum Aussagekraft. Toll, wenn der Chip schön brav jedes eintreffende Photon in einen Ladungsträger "verwandeln" würde, er hätte dann 100% Quanteneffizienz. Doch was nutzt es, wenn die weitere Verarbeitung in der Kamera ein allzu starkes Rauschen produziert? Daher ist eine andere Meßgröße viel interessanter - die Sensitivität.

Wie belichten?
Bei einer guten Astroaufnahme sollen in allererster Linie Photonen gesammelt werden! Eine Sättigung (´Ausbrennen´) heller Bildteile soll so gut es geht vermieden werden. Also runter mit dem ISO-Wert und dafür rauf mit der Belichtungszeit. Wenn möglich, stets das Raw-Format verwenden und zum Erreichen der für das gegebene DSO notwendigen Belichtungszeit entsprechend viele Einzelaufnahmen machen, diese später am Rechner addieren. Ein geringer ISO-Wert hat mehrere Vorteile:
  1. Man kann länger belichten ohne die hellsten Bildteile auszubrennen
  2. Die Enzelaufnahme rauscht deutlich weniger
  3. Der lichtverschmutzte Nachthimmel macht sich nicht so schnell bemerkbar.
Für die Canon EOS 1000D hat sich aus o.g. Gründen ein konstanter ISO-Wert von 800 als optimal herausgestellt.
Fazit:
Viele DeepSky-Objekte setzen große Chipflächen voraus. Bei begrenztem Budget ist eine gute DSLR die einzig sinnvolle Möglichkeit, solche DeepSky-Objekte abzulichten, zumal sich eine solche Kamera auch zur Ablichtung irdischer Motive "mißbrauchen" läßt. Für kleine und helle Objekte wie Planeten und einige helle DeepSky-Objekte ist man dagegen mit einer Webcam besser bedient.
 
Allgemeine technische Daten:
Brennweite:     je nach verwendetem Objektiv
Auflösung:      8,2 - 20 Megapixel
Chipdiagonale: 12,7 - 34 mm
Pixelabstand:   4,9 -  7 μm
Sensitivität:  um 975 Photonen für ein S/N von 1 (Raw-Format)
https://astrofotografie.hohmann-edv.de/aufnahmetechniken/kameraauswahl.spiegelreflexkameras.php
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