Astrofotografie :: Montierungen

 
Warum eine gute und stabile Montierung für die Astrofotografie wichtiger ist, als die freie Öffnung der Teleskopoptik begreift jeder, der schon mal versucht hat, halbwegs brauchbare Astrofotos mit einem guten Teleskop auf einer wackeligen Montierung zu machen.

Montierungen

Inhaltsverzeichnis:

  1. Minimalanforderungen
  2. Warum GoTo?
  3. Sinnvolle Bauarten
  4. Die Gabelmontierung
  5. Die Deutsche Montierung
  6. Montierungen mit Direktantrieb



Man kann es einfach nicht oft genug betonen: Die beste Teleskopoptik nützt absolut gar nichts, wenn sie auf einer wackeligen Montierung mit einer ruckeligen Nachführung betrieben wird!!!

Und wer schon einmal versucht hat, einen Planeten mit einer Webcam an einem billigen Kaufhausteleskop auf einer ebenso billigen Montierung zu fotografieren, der wird den Tag verfluchen, an dem er sich für eine solch billige Montierung entschieden hat.

Dazu ein kleines Anekdötchen aus eigener Erfahrung:
Der Planet will sich einfach nicht auf dem Bildschirm zeigen. Dann huscht ein verschwommener Fleck vorbei. Aha!!! Nun wieder ein winziges Stück zurück. Da ist das Fleckchen wieder, Teleskop loslassen - und wieder Dunkelheit auf dem Schirm. Etwas ruckeln, und endlich, nach dem x-ten Versuch, ist das Fleckchen wieder auf dem Bildschirm. Nun aber schnell fokussieren! Wahnsinn, wie schnell sich das Fleckchen über den Bildschirm bewegt!!! Doch der Griff zum Fokussierrädchen läßt den Tubus so stark schwingen, daß der Planet schnell wieder aus dem Blickfeld verschwindet.

Die Geschichte hat natürlich ein "Happy-End", denn irgendwann hat zufällig alles gestimmt - nach endlosen vergeblichen Versuchen findet sich das scharf gestellte Planetenscheibchen am linken Bildrand ein. Aufnahmeserie starten. Planetenscheibchen marschiert mit rasender Geschwindigkeit diagonal über den Bildschirm, doch die 50 Sekunden haben für eine Aufnahmeserie von 250 Einzelbildern genügt.

Das ist Astrofotografie, wie sie sicher keinen Spaß macht!

 

Minimalanforderungen

Deshalb nochmals die dringende Empfehlung: Niemals an der Montierung sparen!!! Will man wirklich gute Aufnahmen von Planeten, Doppelsternen, Nebeln aller Art oder Galaxien machen, dann gibt es ganz klare Minimalanforderungen an die Montierung:

So ist es nicht weiter verwunderlich, daß eine gute Montierung die teuerste Komponente eines Teleskops darstellt. Einzige Ausnahme ist eine gute Dobson-Montierung, bei der aber manuell nachgeführt werden muß, was sie für die Astrofotografie völlig unbrauchbar macht. Für die rein visuelle Betrachtung der Gestirne ist sie jedoch bei begrenztem Budget die einzige Möglichkeit, eine große Teleskopoptik stabil und bezahlbar zu tragen.

Warum GoTo?

Beim ´neumodischen Schnickschnack GoTo´ werden g´standene Amateurastronomen mit etlichen Jahren ´Berufserfahrung´ wohl die Nase rümpfen. Ging meiner Nase auch so, als ich feststellen mußte, daß ich viele Objekte ohne GoTo schneller finden konnte als mit. Aber eben bei weitem nicht alle. Gerade im Zusammenhang mit dem progressiv fortschreitenden Klimawandel ist GoTo daher zu einer absolut notwendigen Einrichtung geworden, die immer knapper werdenden Momente klaren Himmels überhaupt noch nutzen zu können. Hatte man bis vor einigen Jahren noch durchschnittlich 8-9 komplett klare Nächte pro Monat, wird man heute und auch in den folgenden Jahren auf einen solchen Luxus weitgehend verzichten müssen. Und wer schon mal versucht hat, eine Galaxie bei teilweise bewölktem Himmel per ´Starhopping´ zu finden, der weiß, wovon ich rede. Für die Astrofotografie hat GoTo eine ganz besondere Bedeutung, denn mit ihr läßt sich die knappe und kostbare Zeit klaren Himmels weit besser zum Photonensammeln nutzen.

Sinnvolle Bauarten

Eins vorab: "Die" ideale Montierung gibt es nicht. Vielmehr hängt die Wahl der ´besten´ Montierung von den Abmessungen und vom Gewicht der nachzuführenden Optik ab. Und natürlich auch vom Raumangebot das ´verbaut´ werden kann, denn der Normalfall dürfte für den Amateur wohl eher die Balkonsternwarte sein. Nur wenige haben das Glück, über einen Garten mit Hütte/Kuppel oder eine entsprechende Freifläche zu verfügen. Oder vom Einsatz selber, in der Großstadt wird man wohl eher einen mobilen Einsatz im Erwägung ziehen. Und schließlich ist das persönliche Budget ein begrenzender Faktor. Die Wahl der ´besten´ Montierung ist also selbst bei nahezu unbegrenztem Budget nicht ganz so einfach, wie es zunächst scheint.

Die Gabelmontierung

Celestron CPC 925 auf GabelmontierungWeit verbreitet sind die außerordentlich robusten Gabelmontierungen, die in der Regel Teil eines Komplettpakets mit Optik und Stativ oder Säule im Handel sind. Zum visuellen Beobachten ist das eine beinahe perfekte Lösung, zumal Nachführung und ´GoTo´ heute meist Standard ist.

Fotografisch ist eine solche Montierung äußerst problematisch, wenn man sie, so wie rechts gezeigt, azimutal aufstellt und nicht per Polhöhenwiege gen Himmelspol neigt, da sich das Bildfeld um ca. 7°/h (je nach Breitengrad des Standorts) dreht (´Bildfelddrehung´).

Bezugsquelle: Celestron CPC 925 auf Gabelmontierung [Teleskop-Service]

 

Die Polhöhenwiege

Celestron Polhöhenwiege für CPCMittels Polhöhenwiege läßt sich die horizontale Achse zum Himmelspol neigen, so daß aus dieser Achse eine Polachse wird, mit der allein die Erddrehung ausgeglichen wird. Für längere Belichtungszeiten ist eine solche Anordnung für Gabelmontierungen unerläßlich. Selbstverständlich muß diese Anordnung auch in azimutaler Richtung exakt auf den Himmelspol ausgerichtet werden.

Jedoch ist der Einsatz einer solchen Polhöhenwiege auf den meisten überdachten Süd-Balkonen nachteilig, da durch die Neigung der gesamten Gabellänge ´nach hinten´ viel Himmel verlorengeht.

Bezugsquelle: Polhöhenwiege für o.g. Teleskop [Teleskop-Service]
Vorteile:
Nachteile:
 

Die Deutsche Montierung

Das Kernstück einer Deutschen Montierung ist die sogenannte Polachse oder Rektaszensionsachse. Sie muß so genau wie eben möglich auf den Himmelspol ausgerichtet werden und verläuft damit exakt parallel zur Rotationsachse der Erde. Dreht man diese Achse einmal in 24 Stunden gegen den Drehsinn der Erdachse, dann zeigt jedes an dieser Achse befestigte Teleskop exakt und dauerhaft auf einen bestimmten Punkt am Himmel ohne jede Bildfelddrehung.

Rechtwinklig dazu angeordnet ist die sogenannte Deklinationsachse, auf der letztlich die Optiken befestigt sind. Fotografisch ist eine solche ´Deutsche´ Montierung auch für Balkonsternwarten ideal. Kostenpunkt für eine erschwingliche, brauchbare Montierung mit GoTo und 20 kg Tragkraft, wie die rechts gezeigte, verbreitete EQ6: Gut 1.200 €

Die ausgereifte, grundsolide Montierung hat eine recht gute Laufruhe und kann es locker mit Montierungen aufnehmen, die um ein Vielfaches teurer sind. Vermutlich liegt das daran, daß diese Montierung sehr weit verbreitet ist und in entsprechend hohen Stückzahlen gefertigt wird.
Vorteile:
Nachteile:
 

Fast alle Montierungen im Amateurbereich sind mit Nachführmotoren ausgerüstet, die über ein Schneckengetriebe beide Achsen antreiben können. Diese Getriebe zeigen einen typischen, bauartbedingten Nachführfehler in der Größenordnung von +/- einigen 10´´, so daß bereits ab ca. 10-20s Belichtungszeit eine geeignete Nachführkontrolle (neudeutsch ´Guiding´) eingesetzt werden muß, welche ihrerseits stets einen (wenn auch kleineren) Fehler erzeugt. Diese Nachführkontrolle setzt jedoch zwingend einen geeigneten Leitstern voraus, der während der gesamten Belichtung nicht durch Wolken oder Nebel verdeckt werden darf. Und hier sind wir wieder bei der Problematik Klimawandel, denn die wenigsten, im Prinzip ´astrotauglichen´ Nächte erfüllen heute noch diese strengen Voraussetzungen. Was liegt unter diesen Gesichtspunkten also näher, eine Montierung zu bauen, die derart präzise nachführt, daß auf eine Nachführkontrolle verzichtet werden kann? Man könnte damit jede Wolkenlücke nutzen, deren ´Lebensdauer´ für eine übliche Einzelbelichtungszeit von 30-120s ausreicht!

Montierungen mit Direktantrieb

Solche Montierungen verzichten auf das fehlerträchtige Schneckengetriebe und treiben die Achsen statt dessen mit hochgenauen Torque-Motoren direkt an. Ein hochpräziser Winkelgeber (=´Encoder´) liefert genaue Informationen über die Ist-Position der jeweiligen Achse, die mit der in der Steuerung berechneten Sollposition verglichen wird. Man kann sich leicht vorstellen, daß der Nachführfehler solcher Montierungen im Millibogensekundenbereich liegt und sich ein Himmelsobjekt auch in der nächsten und übernächsten Wolkenlücke noch absolut mittig im Bildfeld einfindet. Ein Autoguider hätte in einer solchen Situation längst kläglich versagt. Nebenbei entfällt die oft zeitraubende Leitsternsuche und das Einstellen des Autoguiders, wodurch keine kostbare Zeit klaren Himmels verschwendet wird.

Leider sind solche Montierungen für die meisten Amateurastronomen unerschwinglich, denn sie beginnen preislich bei ca. 7.000 € und enden in der Preiskategorie einer kleinen Eigentumswohnung. Andererseits wird man in Mitteleuropa klimawandelbedingt aus genannten Gründen in wahrscheinlich deutlich weniger als 10 Jahren ohne eine solche Montierung kaum noch sinnvoll tiefe Astrofotografie (DeepSky) betreiben können.

 
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